Liebe ClubMitglieder, Unternehmen aus der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie halten oft ganze Offset-Abteilungen vor – in vielen anderen Bereichen hingegen sind Offset-Programme völlig unbekannt. Eine kostenintensive Falle, in die man als ausländischer Auftragnehmer auch bei...
„zivilen“ Aufträgen im Oman geraten kann.
[b]Was bedeutet „Offset“?[/b]
Offset-Programme beschreiben „Kompensationsgeschäfte“: Bei öffentlichen Beschaffungsvorhaben der jeweiligen Regierung geht der Auftragnehmer die Verpflichtung ein, einen Teil der Transaktionssumme im (End-) Kundenland zu investieren, um so eine gewisse Wertschöpfung zu erreichen. Üblich sind [i]Investitionsverpflichtungen zwischen 30% und 130% (!)[/i] des Gesamtvolumens. Offset-Programme gibt es weltweit in allen denkbaren Ausprägungen; sie sind insbesondere bei Rüstungsgeschäften üblich. Meist sind sie nicht vertraglich, sondern gesetzlich geregelt. Genau deswegen werden sie gerne übersehen, wenn beispielsweise Ausschreibungsunterlagen nicht explizit auf die Offset-Verpflichtungen hinweisen.
[b]Entwicklung des Offset-Programms im Oman[/b]
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben in der Vergangenheit umfangreiche Offset-Programme aufgelegt und umgesetzt.
Im Sultanat Oman hingegen haben sie bis vor Kurzem traditionell ein Schattendasein geführt. Zunächst hatte das Ministry of Defence im Jahr 2001 die „Partnerships Development Program Guidelines“ herausgegeben. 2008 wurde die Verwaltung des Offset-Programms vom Ministry of Commerce & Industry übernommen, was eher der international üblichen Struktur entspricht. Traditionell wurden aber viele Ausnahmen von Offset-Verpflichtungen gewährt.
Im Februar 2014 wurde durch Royal Decree 9/2014 dann die Trendwende eingeläutet: Die „Omani (Public) Authority for Partnerships for Development“ (PfD-Behörde) wurde ins Leben gerufen und als Behörde mit eigenem Etat und eigenen Zuständigkeitsbefugnissen am Ministry of Commerce & Industry angegliedert. Bereits an der Zusammensetzung der Stakeholder sieht man den üblichen Bezug zur Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie: Royal Office, Ministry of Defence, Royal Oman Police und das Ministry of Finance.
[b]„Partnership for Development“ in Grundzügen[/b]
Nach der Implementierungsphase wurden im Juni 2015 neue Regularien für das Offset-Regime im Oman veröffentlicht: das „Partnership for Development Program“ (PfD). Und PfD-Verpflichtungen werden dort nicht nur bei militärischen Beschaffungsvorhaben in Ansatz gebracht, sondern jetzt auch bei „Infrastrukturprojekten“.
Dabei wird der Begriff „Infrastructure“ sehr weit definiert: [i]„The fundamental economic and social facilities and services serving Oman such as the transportation systems sector; communication systems and networks; oil and gas sector; power plants; water plants and pipelines; waste and waste water installations; and major civil and military institutions.”.[/i]
Nicht zuletzt auf Grund der aktuell angespannten Haushaltslage im Oman sind derzeit Ausnahmen kaum bis gar nicht zu erreichen. Daher das Wichtigste in Kürze:
Nach den Neuregelungen müssen bei
Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand (das gilt auch bei Vergabe durch ein Unternehmen, das zu über 50% von der Regierung gehalten wird!) im Rahmen von
[LIST]
[*]Infrastrukturprojekten und Beschaffungsvorgängen im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie,
[*]bei denen ein ausländischer Auftragnehmer einen Auftrag in Höhe von mehr als OMR 5.000.000,- erhält (kumuliert über 2 Jahre für den Fall der Vergabe mehrerer Einzelaufträge an den selben Auftragnehmer),
[*]oder bei denen ein inländischer Auftragnehmer einen Auftrag erhält, dessen Importanteil OMR 5.000.000,- übersteigt (wobei in diesem Fall der ausländische Subunternehmer die PfD-Verpflichtung tragen soll; das gilt pro rata, wenn mehrere Subunternehmer beschäftigt werden)
[*]50% des Transaktionsvolumens bzw. des Importanteils
[*]in ein (oder mehrere) PfD-Projekt(e) investiert werden.
[/LIST]
Dabei hat der PfD-Verpflichtete folgende Milestones bei der Projektumsetzung einzuhalten: 20% nach 2 Jahren, 60% nach 5 Jahren und 100% nach 8 Jahren. Die Umsetzung wird von der PfD-Behörde halbjährlich überprüft und unterliegt einer Sanktionsbewehrung in Höhe von 10% der nicht erfüllten Auflagen (ggf. kumuliert).
Unterschieden wird im Oman zwischen direkten und indirekten PfD-Investitionen. Direkte Investitionen stehen in sachlichem Zusammenhang mit dem vergebenen Auftrag und beinhalten beispielsweise die lokale Errichtung von Produktionsstätten, Einschaltung von lokalen Zulieferern, Technologietransfer etc. Indirekte Investitionen können beispielsweise über Trainings oder sachfremde Investitionen abgebildet werden.
[b]Einsparpotential bei PfD-Verpflichtungen[/b]
Je nach gewählter PfD-Investition kann die tatsächlich zu erbringende PfD-Verpflichtung erheblich geringer ausfallen:
Entscheidend ist nämlich, dass die PfD-Behörde unterschiedliche Berechnungsmaßstäbe ansetzt und über Multiplikatoren bestimmte Investitionen höher, also deutlich über dem eigentlichen finanziellen Aufwand, bewertet. Über „Input Credits & Achievement Credits“ und „Multipliers on Input & Output“ wird seitens der PfD-Behörde also Einfluss auf das PfD-Vorhaben genommen. So wird ein Anreiz geschaffen, aktuell für den Oman interessante Vorhaben im Rahmen von PfD-Verpflichtungen umzusetzen oder zu finanzieren.
Abzüge hingegen werden in Ansatz gebracht, falls der Auftragnehmer selbst Begünstigter aus der Erfüllung einer Offset-Verpflichtung ist.
[b]Fazit[/b]
Als ausländisches Unternehmen sollten Sie bei jeder Geschäftstätigkeit in Richtung Oman überprüfen, ob PfD-Verpflichtungen existieren – und sei es nur pro rata. Hier drohen massive finanzielle Belastungen, die man leicht übersieht, da beispielsweise Ausschreibungsunterlagen oftmals nicht explizit auf die gesetzlich verankerten PfD-Verpflichtungen hinweisen.
[u]Achtung: [/u]auch hinter der Auftragsvergabe durch ein privatrechtlich auftretendes Unternehmen oder durch einen Generalunternehmer kann sich eine PfD-Verpflichtung verbergen!
Bedenken Sie außerdem, dass die PfD-Behörde eine „Administration Fee“ in Höhe von 0,25% des PfD-Volumens innerhalb von 60 Tagen nach Auftragsvergabe in Rechnung stellt. Bei größeren Projekten ist zu diesem Zeitpunkt oftmals noch kein Zahlungseingang seitens des Auftraggebers zu verbuchen.
Die PfD-Behörde soll bereits im Ausschreibungsprozess eingebunden werden. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme ist nicht nur gesetzlich verankert, sondern auch sinnvoll: eine gut strukturierte Abstimmung auf das PfD-Bewertungssystem (und dessen Multiplikatoren) führt zu enormen finanziellen Unterschieden zwischen der grundsätzlichen und der tatsächlichen finanziellen PfD-Verpflichtung.
Außerdem muss nach den bestehenden Gesetzen zur öffentlichen Auftragsvergabe nicht zwingend an den Bieter mit dem niedrigsten Angebot vergeben werden. Ein gut durchdachtes und sinnvoll strukturiertes PfD-Projekt kann Ihnen im Ergebnis den entscheidenden Vorteil bei der Auftragsvergabe verschaffen.
Sprechen Sie uns gerne an!
{uf:28362}
Ihr
[url=http://www.german-emirates-club.com/Profile/845578336/MjAyMw==]Florian Maier-Leonhardt[/url]
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